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Haiku-heute Sept. 22


Rezension auf Haiku-heute September 2022 

Buchvorstellung von Volker Friebel

Ein fest gebundenes Buch, die Texte stammen von Elena Abendroth, die 13 Farbfotos von Georg Seibt. Nach einer Einleitung über Meditation, Achtsamkeit und Haiku folgen 15 Kapitel, mit Prosa eingeleitet und vier Haiku je ganzer Seite. „Das Buch folgt den Gedanken von Thich Nhat Hanh und will dazu anregen, mehr Spiritualität im Alltag zu gewinnen“, heißt es in der Einleitung. Im folgenden einige Beispiele, wie dieses Anliegen verwirklich ist.


Auf schmalem Weg
balancieren
Nach Hause kommen


atmen und gehen
zu kristallklaren Quellen
in milchigem Licht
 

dieses Glas Wasser
kristallklar bin ich
im nächsten Moment


Tagelang Regen
Überflüssig geworden
ist meine Liebe


Sehnsucht nach Sonne
ins Unendliche blicken
mit leichtem Gepäck


Lichtwolken ruhen
über allen Gedanken
unendliches Blau
 

Seltenes Wagnis
Der Buddha vor dem Spiegel
schaut mich an und spricht
 

die Stille hören
die ganze Nacht und den Tag
weiße Vorhänge
 

Die Hände öffnen
Den tiefen Atem spüren
und die Angst

 
steckengeblieben
in fremden Gefühlsstrudeln
dein Gesicht finden

 
kindliches Lachen
die Siebzigjährige hilft
der kleinen Schnecke

 
windbewegt das Haar
plappernde Pappelblätter
Gewitterwolken
 

ein riesiger Berg
muss überwunden werden
schwebt durch die Nacht

 
Pfingstsonntag
Sommergras im Sommerwind
überall Wunder

Ich bin nun doch erstaunt, wie viele für mich gelungene Texte ich fand. Natürlich halte ich nicht alles im Buch für gut. Und frage mich, ob sich die Texte, mit denen ich mitgehen kann und die anderen irgendwie systematisch unterscheiden.

Wenn ich die ausgesuchten Texte daraufhin durchsehe, finde ich, dass eher knappe Haiku gewinnen – knapp nicht unbedingt in der Silbenzahl, sondern in der Anzahl der vorkommenden Begriffe. Streichen scheint fast immer besser, als noch etwas hinzufügen. Wenn der Text mehr als zwei Teile oder zwei Bilder aufweist, wird es gleichfalls schwierig. Nahe an den Dingen bleiben, ist ein gutes Rezept. Aber ab und zu ein abstraktes Wort (nicht in jedem Haiku), kann vertiefen.

Insgesamt ein beachtenswertes Buch. Die Zusammenstellung hat sicherlich Freude gemacht, ich wünsche der Autorin auch Erfolg damit. Und weitere Verse, wie das letzte Haiku im Buch:

 

allgegenwärtig
der Wind die Weite des Lichts
kein Ende am Weg